Ein Jahr, nachdem ein Kauferinger als erster deutscher Patient mit Covid-19-Diagnose ins Krankenhaus kam, und einen Monat nach Start der Impfungen ist es Zeit zu diskutieren, wie es jetzt weitergehen soll und kann – mit Handel, Kultur, Dienstleistern, alten Menschen und ihren Angehörigen.
„Privilegien“ für Geimpfte
Wer einen Impftermin ergattert hat, kann sich zwar privilegiert fühlen. Außer dem Gefühl, besser geschützt zu sein, bringt einem die Impfung aber bis dato nichts. Wie sehr sich die Exekutive schon daran gewöhnt hat, für eine nicht hinreichend vernünftige Bevölkerung zu denken und zu entscheiden, zeigte sich neulich daran, dass sich verschiedene Politiker gegen „Privilegien für Geimpfte“ aussprachen. Verfassungsrechtler wie Professor Rupert Scholz stellen richtig: Grundrechte sind keine Privilegien. Gesetze und Verordnungen können in Grundrechte zwar eingreifen, wenn dies zum Schutz anderer Grundrecht bzw. der Grundrechte Anderer unerlässlich ist. Es ist aber nicht zumutbar – weil unverhältnismäßig – Grundrechtseinschränkungen hinzunehmen, wenn die Grundlagen entfallen sind. Eine pauschale Außerkraftsetzung von Grundrechten ohne Beachtung der Umstände hält also juristisch nicht.
Es ist nun so, dass Wissenschaftler bisher nicht ausschließen können, dass sich im Rachen einer geimpften Person, die eine Ladung Viren eingeatmet hat, diese Viren doch noch vermehren. Sie könnte also genauso wie symptomfreie Infizierte die Krankheit übertragen. Das heißt, dass sie in Verantwortung steht, andere zu schützen, die noch nicht geimpft sind. Die AHA-Regeln muss sie also weiterhin beachten.
Das heißt aber nicht, dass man Geimpfte – ob sie es wollen oder nicht – noch vor jedermann schützen muss. Wo sie unter sich sind, wären Kontaktbeschränkungen unverhältnismäßig.
Befreiung aus dem Altenknast
Aus gutem Grund denke ich dabei insbesondere an Altenheime. Meine Mutter ist 90 und hat, wie ihre Mitbewohnerinnen, kurz vor Silvester die erste Biontech-Spritze bekommen, drei Wochen später die zweite. Wie weit das Heim mit der Impfung der Pflegekräfte ist, weiß ich nicht. Aber das gesamte Personal wird mehrmals pro Woche getestet. Sollte sich tatsächlich jemand anstecken, würde dies rasch entdeckt. „Mini-Serie 1 Jahr Covid (1): Wie geht’s jetzt weiter?“ weiterlesen