Genforscher können jetzt die DNA programmieren – also kommen bald wohl Lebewesen voller Fehler.
Der Charme der Disney-Cartoon-Serie „Kim Possible“ liegt darin, dass sie die moderne Wissenschaft liebevoll auf die Schippe nimmt: Es gibt wahnsinnig gute Forscher (wie die Eltern der pubertierenden Hauptperson) und wahnsinnig böse Forscher (wie die feiste Genhexe D. N. Esther). In der Welt des Highschool-Girls Kim, das im Wochentakt die Menschheit vor durchgeknallten Technik-Zauberlehrlingen rettet, ist buchstäblich nichts unmöglich.
Die Ära, in der Jung und Alt unbeschwert lachen konnten über groteske Schmuseschimären aus D. N. Esthers Genlabor wie „Pandaru“ oder „Otterfliege“, ist aber leider vorbei. Daran ist weniger der Disney-Konzern schuld (der irrigerweise meint, vier Staffeln der Hightech-Persiflage seien genug) als vielmehr Craig Venter: Das Alphatier der Gentech-Zunft lässt Drehbuchschreibern einfach keine Chance mehr, die Wirklichkeit satirisch zu überzeichnen. So verfügt Venters Privatlabor, das bereits bei der Dechiffrierung des Menschen-Genoms die Nase vorn hatte, über das nötige Know-how, um die komplette DNA eines Organismus künstlich herzustellen. Die populärwissenschaftliche Erklärung der Forscher lautet: Zellen sind die unvermeidliche Hardware, wir programmieren aus den Basen A, C, G und T die leibhaftige Software der Zukunft.
Wissenschaftsgläubig wie wir sind, gehen wir davon aus, dass es Venter und seinem Star-Forscher Hamilton Smith bald gelingt, lebensfähige Kunstzellen zu züchten. Aber was kommt dann? Können wir nach allem, was wir über Entstehung und Funktion von Software wissen, Programmierern die Gestaltung von Lebewesen überlassen? Interessant wäre die neue Artenvielfalt schon. Aber wenn wir eine eierlegende Wollmilchsau in Auftrag geben, müssen wir darauf gefasst sein, stattdessen eine kriechende Otterfliege zu bekommen oder ein Pandaru ohne Beutel, das bei jedem Sprungversuch zusammenbricht.
Misslungene Schimären wären aber nicht einmal das Schlimmste an dieser schönen neuen Welt. Wirklich übel ist die Vorstellung, dass Amerikas Kreationisten jetzt frohlocken, weil Venters Ankündigung ihre These vom „Intelligent Design“ zu stützen scheint. Dabei sind sie selbst der beste Gegenbeweis: Ein göttlicher Software-Designer, der solche wirren Hirne programmiert, kann gar nicht richtig intelligent sein.
Aus der Technology Review 3/2008, Kolumne FROITZELEIEN
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