Mein Macbook kommt in die Jahre, ich würde mir gerne ein aktuelleres Modell zulegen. Also schaue ich bei ebay rein. Da gibt es jede Menge recht neuer Macbook Pros. Seltsam ist aber: Immer wieder bieten irgendwelche Pappenheimer fabrikneue, originalverpackte, ja sogar noch eingeschweißte oder „versiegelte“ Geräte an – als Privatverkauf ohne Garantie.
Ab und an ist jemand dabei, dem ich abkaufe, dass er den Computer bei einem Preisausschreiben gewonnen hat. Normalerweise machen sich die Anbieter aber gar nicht die Mühe zu erklären, wieso sie sich ein Notebook der 1000-Euro-Klasse zulegen und es dann nicht einmal auspacken und ausprobieren, bevor sie beschließen, dass sie es doch nicht wollen. Dann erlaube ich mir, nach diesem Grund zu fragen. Ich bitte um Verzeihung für mein Misstrauen und erkläre, dass mir das Risiko zu hoch ist, im Reparaturfall in den Apple-Store zu marschieren und dann zu erfahren, dass mein Gerät in der Fahndungsliste steht. Das Thema Hehlerware ist mir halt vertraut, seit ich einst auf einen eifrigen „Privat“-Verkäufer eines Gigaset-Schnurlostelefon-Modells stieß, das Siemens ausschließlich an Geschäftskunden verkaufte. Es gab schlichtweg keinen legalen Vertriebsweg für Neugeräte, auf dem die Ware zu dieser Person gelangt sein konnte.
Im Fall der Apple-Notebooks konnte mich nun zwar ein Anbieter zu 95 Prozent davon überzeugen, dass er sich ein Macbook Pro zum runden Geburtstag gewünscht hatte und dann von gleich zwei Gästen je eines geschenkt bekam. Zwei andere präsentierten aber fadenscheinigste Ausreden. Einer erklärte den Umstand, dass er ein neues MBP mit Verlust verscherbelt, mit akuter Finanznot: „…wenn man Konto in minus hat bleibt nicht anders übrig“. Womit er wohl nicht von sich gesprochen hat, denn – Pech für ihn und seine Glaubwürdigkeit – ebay setzte unter seine Antwortmail folgendes:
„Hier sind weitere Artikel dieses Verkäufers: Sony Vaio… NEU/versiegelt“
Kein Mensch, der knapp bei Kasse ist, kauft sich zwei teure Notebooks (dann auch noch ein Windows- und ein Mountain-Lion-Modell!!) zur gleichen Zeit und benötigt dann keins von beiden. Tja, also schaue ich mal, woher die 100 % positiven Bewertungen dieses Verkäufers stammen. Und siehe da, er hat im April ein Samsung-Notebook NEU/Versiegelt vertickt, voriges Jahr eine Canon EOS 600D NEU, zwei MacBook Air NEU/Versiegelt, einen Saugroboter NEU/OVP, zwei Playstations NEU/Versiegelt, ein TomTom XXL NEU/Versiegelt und einen Asus EEE NEU/OVP. Wetten, dass der Bursche oder die Burschin in einem Mediamarkt oder Saturn arbeitet? Ich wusste nur nicht, dass diese Läden ihre Verkäuferprovisionen jetzt in Naturalien auszahlen…
Kandidat Nummer zwei versuchte mir mit folgender Ausrede zu erklären, warum er kurz nacheinander zwei brandneue MBPs anbot: Es sei dasselbe Gerät, der siegreiche Bieter „konnte nicht zahlen, er meinte, er hätte sich vertan und würde diese Auktion gerne canceln“. (Ja, was denn nun? Zahlungsunfähig oder vertan?) Seltsam nur: Der Käufer hatte ihn bereits mit „Perfekt“ bewertet. Tut das einer, der sich geirrt hat oder den Kauf rückgängig macht?
An den Zweitplatzierten habe er nicht verkaufen wollen (wäre dann logisch, falls das ein Freund war, der den Preis hochtreiben sollte). Frech fragte er noch, ob mir das jetzt „plausibel genug“ gewesen sei. Tja, war es nicht. Ich hakte nach, weil er die Frage nicht beantwortet hatte, wieso er denn dann nicht die für ihn günstigere Möglichkeit zum Wiedereinstellen genutzt habe. Seine Antwort (um Gift und Galle gekürzt): „Ich habe das Gerät von meiner Freundin bekommen. Es sollte ein Weihnachtgeschenk sein. Sie hat es vor 3 Wochen per Post bekommen und es liegt noch im Karton. Wir haben uns kurz danach getrennt und sie hat es mir da gelassen. Was soll ich damit…??“
Ja, wer möchte nicht von so einer Freundin verlassen werden? Einer Freundin, die schon im August ein sauteures Weihnachtsgeschenk kauft, das der Freund gar nicht brauchen kann? Wenn es einen Preis für die abenteuerlichste Ausrede gäbe, diesen Kerl würde ich für die Goldmedaille vorschlagen.
Jetzt habe ich mir aber noch den Spaß gemacht und mal die Bewertungen des angeblichen Käufers angeschaut. Es gab nur eine: „alles top!!!“. Sie galt unserem speziellen Freund und stammt vom selben Tag, an dem sich der „Käufer“ bei ebay angemeldet hat, vor etwa einem Jahr. Und beide Mitgliedsnamen sind ähnlich aufgebaut: Hinter einem Nickname folgt dieselbe Jahreszahl. Er hat sich das Macbook also zum Schein unter einer Zweitidentität selbst abgekauft, um es nicht zu billig hergeben zu müssen. Und er gibt sich selbst Vertrauenspunkte.
Fall zwei ist also unseriös und verstößt gegen die Spielregeln, aber es gibt zumindest keine Hinweise, dass er regelmäßig verdächtige Dinge tut. Vielleicht ist seine Ex-Freundin ja ähnlich verhaltensauffällig wie er und hat ihm tatsächlich verfrüht ein zu teures Geschenk gemacht.
Bei Verkäufer eins würden die Indizien einem Juristen sicherlich genügen, um einen „Anfangsverdacht“ zu erkennen. Das Volumen seines „privaten“ Handels mit Neuware unter Ausschluss aller Verbraucherrechte hat gewerbliche Ausmaße. Sollte das Zeug nicht geklaut sein, hinterzieht der Typ vielleicht nur Steuern.
Unsereins dagegen kann nichts tun, als solche Anbieter zu meiden. Leider gibt es genug vertrauensselige Deppen, die sich nichts denken und bis nah an den Ladenpreis heran mitsteigern. Klug werden sie erst aus Schaden, nämlich wenn wirklich herauskommt, dass sie gestohlene Ware besitzen – und die Polizei diese beschlagnahmt.
Was ich mich allerdings frage: Wenn ich Diebesgut zu verhökern hätte und die Kohle nicht bar abgreifen könnte, wie würde ich wohl die Datenspuren der Überweisungen verwischen? Diese Jungs müssen sich sehr sicher fühlen.
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Ist ja krass. Ich kaufe bei Ebay gelegentlich gebrauchte Elektronik und da war mir auch mal kurz aufgefallen, dass es Privatanbieter gibt, die in einem Quartal schon ein Dutzend Monitore oder was auch immer angeboten hatten. Sah für mich nach Schwarzhandel aus, aber das Zeug könnte auch von Einbrüchen stammen. Wie auch immer, ich kaufe dann auch lieber beim Händler.