Artikel 13, die Foren und was Angstmacherei bewirkt

Die EU-Parlamentarier bekommen zur Zeit einiges an Offenen Briefen. Einer stammt von einem Bündnis von deutschen Forenbetreibern, die sich offensichtlich von der auf Youtube, Instagram & Co. gemünzten Definition in Art. 2 Abs. 5 der Urheberrechts-Richtlinie für betroffen halten. Der Aufruf trägt den Titel „Rettet eure Internetforen – gegen Art. 13“, so als sei es jetzt noch möglich, an dem zur Abstimmung anstehenden Kompromiss noch zu schrauben. Nein zu Art. 13 heißt Nein zur Richtlinie. Unter den Unterzeichnern befinden sich Webmaster kleiner und kleinster Foren. Die schönsten Beispiele:

Sie alle scheinen von kollektiver nackter Panik erfasst zu sein. Da die aktuelle Richtlinie schwer zu finden ist und noch immer nicht in Deutsch vorliegt, habe ich den entscheidenden Absatz mal in DeepL gekippt. Hier ist der Wortlaut:

Art. 2 (5)

„Online-Dienstanbieter für die gemeinsame Nutzung von Inhalten“ ist ein Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, dessen Hauptziel oder eines der Hauptziele darin besteht, eine große Menge urheberrechtlich geschützter Werke oder anderer geschützter Gegenstände, die von seinen Nutzern hochgeladen werden, zu speichern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die er aus wirtschaftlichen Gründen organisiert und fördert. Anbieter von Diensten wie gemeinnützige Online-Enzyklopädien, gemeinnützige Bildungs- und Wissenschaftsspeicher, Open-Source-Software, die Plattformen entwickelt und gemeinsam nutzt, Anbieter von elektronischen Kommunikationsdiensten im Sinne der Richtlinie 2018/1972 zur Festlegung des Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation, Online-Marktplätze und Business-to-Business-Cloud-Dienste und Cloud-Dienste, die es Nutzern ermöglichen, Inhalte für den eigenen Gebrauch hochzuladen, gelten nicht als Anbieter von Online-Content-Sharing-Diensten im Sinne dieser Richtlinie.“

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator

Die Kleinen unterliegen also definitiv nicht Artikel 13. Deshalb habe ich mir auch mal das Dickschiff der Szene angeschaut, die Motor-Talk-Community. Sie gehört zum Gebrauchtwagenportal mobile.de, das eindeutig kommerziell ist.

Doch auch sie erfüllt nicht die Kriterien, denn ihr Hauptzweck besteht nicht darin, dass User urheberrechtlich geschützte Werke hochladen, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Hauptzweck ist der Erfahrungsaustausch zwischen Autofahrern.

Wie sieht es aus mit der

Sie könnte betroffen sein, da es sich um ein Unternehmen handelt, bei dem User größere Mengen an (eigenen!) Werken hochladen. Der Hobbyfotograf erteilt aber laut AGB dem Betreiber eine Lizenz fürs Zugänglichmachen der Bilder. Dieser verfügt also per definitionem über die geforderten Rechte. Ich weiß nicht, ob jemand so dummdreist sein kann, ein geklautes Foto dort hochzuladen und öffentlich als seines auszugeben. Jedenfalls ist dieser Fall höchst unwahrscheinlich oder selten, und das Risiko, aufzufliegen, wäre extrem hoch. Daher wäre es nicht verhältnismäßig, dem Betreiber zuzumuten, die Behauptung des Uploaders zu überprüfen. Er müsste lediglich aktiv werden, wenn jemand einen Bilderklau moniert.

Die Richtlinie ist im Übrigen noch nicht das Gesetz. Der Bundestag kann im Rahmen der Richtlinie einen Wortlaut beschließen, der zweifelsfrei dafür sorgt, dass diese Community kein ernsthaftes Problem bekommt.

Fazit: Der Text der Richtlinie gibt für die Aufregung der Foristen eigentlich nichts her. Ich bin gespannt darauf, ob mir jemand plausibel machen kann, dass ich mich irre. Bitte aber strikt an die Definition für „OnIine Content Sharing Service Provider“ halten!

Hier noch der englische Originaltext:

Art. 2 (5)

‚OnIine content sharing service provider‘ means a provider of an information society service whose main or one of the main purposes is to store and give the public access to a large amount of copyright protected works or other protected subject-matter uploaded by its users which it organises and promotes for profit-making purposes.

Providers of services such as not-for profit onIine encyclopedias, not-far profit educational and scientific repositories, open source software developing and sharing platforms, electronic communication service providers as defined in Directive 2018/1972 estabIishing the European Electronic Communication Code, online marketplaces and business-to business cloud services and cloud services which allow users to upload content for their own use shall not be considered onIine content sharing service providers within the meaning of this Directive.

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15 Antworten auf „Artikel 13, die Foren und was Angstmacherei bewirkt“

  1. Es dürfte ihnen aber klar sein, dass wir nicht die liberalste Version dieser RL bekommen. Alle Seiten werden sich nach der schärfsten Version richten und das dürfte die französische sein, die noch dieses Jahr umgesetzt werden dürfte, wenn es nach dem dortigen Ministern geht. Das wiederum hieße, wir bekämen das wenig liberale französische Urheberrecht in ganz Europa und dann steht es zu befürchten, dass Seiten wie Foren durchaus betroffen sind, was das Ende vieler Foren und eben auch kleiner Seiten bedeuten würde. Jeder Einwand, man könne ja auf eine liberale nationale Umsetzung hoffen, ist Illussion, da Google und Co keine 27 verschiedenen Versionen der RL umsetzen werden.

    1. Sie wissen offensichtlich alles besser. Auch Dinge, die in der Zukunft liegen. Dann können wir die kleine Debatte jetzt beenden. Aber ich sage dem Propheten: Gesetze gelten auch für Google.

  2. Ich frag mich ja, ob sie oder irgendein anderer Befürworter jemals Verantwortung übernehmen wird, wenn es zur Massenzensur, Geoblocking und zur Massenabschaltung von Foren kommt (wohlgemerkt wenn, nicht dass) oder ob dann die Schuld mal wieder auf andere dirigiert wird.

    1. Ich frag mich ja, wann sich bei Leuten wie Ihnen der Panikmodus endlich ausschaltet und das Gehirn wieder seine reguläre Tätigkeit aufnimmt. Da muss eine Hypnotiseurin ganze Arbeit geleistet haben.

      1. Der Panikmodus kann nicht ausgeschaltet werden, weil es keine Panik ist. Durch den Wegfall der SME-Regelung sind auch Foren betroffen, da diese alle drei Merkmale haben, die betroffene Seiten besitzen und das können weder sie noch andere Befürworter glaubhaft wegdiskutieren, weshalb viele fürchten müssen, ihren Rückzugsort im Netz dauerhaft zu verlieren.

      2. Lesen Sie doch bitte mal die Definition der betroffenen Plattformen und nicht nur den nackten Artikel 17. Und dann erinnern Sie sich bitte daran, dass es sich um eine Richtlinie handelt und nicht um ein Gesetz. Dieses wird irgendwann bis 2021 durch den parlamentarischen Prozess gehen. Ich bin sicher, dass darin ganz konkret der Geltungsbereich so beschrieben werden wird, dass sich Ihre Sorgen als Hirngespinste erweisen werden. Niemand hat ein Interesse daran, den Foren Böses zu tun. Und die Richtlinie gibt diese Sichtweise bei einer Gesamtbetrachtung aller Artikel im Kontext auch schlichtweg nicht her.

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