Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in ein paar Tagen endet meine Zeit als Aktiver im Bayerischen Journalisten-Verband. Wenn man Jahrzehnte lang ehrenamtlich unterwegs war, würde man gerne diese Lebensphase in guter Stimmung und voller Optimismus ausklingen lassen. Vielleicht bekäme man auch das eine oder andere nette Wort zu hören oder ein Dankeschön. Bei der VG Wort, in deren Verwaltungsrat ich die letzten 16 Jahre für Sie und Euch gesessen habe, ist das tatsächlich so. Die Worte der Wertschätzung und Anerkennung, die mich im Vorfeld meiner letzten Mitgliederversammlung als Ratsmitglied erreichten, haben mich sehr gefreut, vielen Dank dafür!
Leider klingt meine Mitarbeit im BJV, die bis ins Jahr 1984 zurückreicht, nicht so harmonisch aus. Wenn am 25. Mai meine Amtszeit als Mitglied des Landesvorstands endet, werden mindestens drei bis vier der fünf geschäftsführenden Vorstandsmitglieder sowie der Eine oder die Andere aus dem erweiterten Landesvorstand aufatmen. Und sie werden froh sein, dass ich – in Ermangelung des Talents, mich an zwei Orten gleichzeitig aufzuhalten – nicht im Saal bin, wenn sie versuchen, eine drastische Beitragserhöhung durchzuboxen und (in vier Fällen) wiedergewählt zu werden. Denn ich gelte ihnen als „Querdenker“, den man doch „auch“ brauche (aber wozu, wenn man ihm nicht zuhört?). Das Wort war bei ihnen eh nie freundlich gemeint, sondern als allzu durchsichtiger Euphemismus für den unbequemen Quertreiber, der sie fordert, herausfordert, kritisiert, Finger in Wunden legt, widerspricht und die Konfrontation nicht scheut, wenn es um die Zukunft des BJV und des DJV geht. Ein Außenseiter, dem man beim vorweihnachtlichen „Dankes-Essen“ den entsprechenden Tisch zuweist – ganz außen bei der Tür zur lärmerfüllten Küche des Lokals, dafür zuverlässig außer Hörweite der Mächtigen. Es ist die heutige Art, nonverbal „Du nervst“ zu sagen, was wenige Tage nach dem runden Geburtstag einen ganz besonderen Charme hat. Aber es heißt ja auch nicht mehr „Jubilar-Essen“.
Allerdings sind Stilfragen gewiss das kleinste Problem unseres Verbandes. Kommen wir zu den großen: Was wollen wir, die Mitglieder? Was ist unser Selbstverständnis? Was kann, was muss der BJV leisten? Wie meistern wir den Spagat zwischen Verband und Gewerkschaft in diesen rauen Zeiten? Kurz: Quo vadis, BJV?
Aus meiner Warte ist man zum Beispiel kein Unkenrufer, sondern Realist, wenn man nicht so tut, also werde ein Tageszeitungsredakteur von 40 oder 50 Jahren bis zum Rentenalter seinen Job behalten. Wir heißen aus gutem Grund nicht GBTZR – Gewerkschaft Bayerischer Tageszeitungsredakteure – sondern BJV. Ich will aber auch um nichts in der Welt zu den Freischreibern gehen, denn ich teile nicht die Ansicht, Redakteure und Freie seien natürliche Feinde. Ich wünsche mir einen starken Berufsverband, an dem alle Journalisten an einem Strang ziehen – und nicht die Kollegen über den Tisch.
Nun darf man sich als 60-jähriger Beisitzer nicht einbilden, man könne daran noch selber etwas ändern. Was meinereiner immerhin tun kann, ist eine Diagnose zu stellen, die Lage zu analysieren und den Jüngeren, die gefordert sind, ein paar Wegweiser hinzustellen. Unser Verband ist personell und strategisch eklatant „falsch aufgestellt“, wie man das heute nennt. Ich kann nicht das einander (im Sinne der viel strapazierten Diversität) ergänzende Führungsteam herbeizaubern, das der BJV braucht. Da müssen schon Kolleginnen und Kollegen – vor allem aus der U-40-Generation, Freie und alle, die nicht aus der Zeitungs-Echokammer kommen – selbst in die Gänge kommen. Für den Anfang wäre es nicht schlecht, wenn die guten Leute aus der zweiten Reihe zur Verantwortung in der ersten Reihe bereit wären. Ein Anfang ist ja immerhin in Sicht. Ich freue mich riesig, dass Anne Webert kandidiert. Leider kann ich ihr nicht meine Stimme geben: Briefwahl gibt es nicht, und die Wahl in Pullach wird gelaufen sein, bevor wir bei der VG Wort in München fertig sind.
Nun aber zu den unerbetenen Diagnosen und Ratschlägen eines alternden Hasen, der den BJV in- und auswendig kennt:
Finanzen
Der BJV schrumpft immer weiter, und es passiert: nichts. Dabei schrumpft er schon seit 14 Jahren. Seinen Zenith hatte der Verband Anfang 2005 erreicht, mit rund 8900 Mitgliedern. Als 2012 das letzte Mal die Beiträge erhöht wurden, waren es noch um die 8500. Allein in dem Jahr überstieg die Zahl der Austritte die der Eintritte um 300 – was mich nicht wunderte. Inzwischen liegen wir bei rund 7000 Mitgliedern, so wenigen wie zuletzt 1998. Derzeit verlieren wir jeden Tag ein Mitglied und gewinnen pro Woche nur drei neue – schon ohne Beitragserhöhung.
Es ist eine Binsenweisheit, dass eine kleinere Organisation weniger Arbeit macht als eine größere. Wenn grosso modo 2000 von 9000 Mitgliedern weg sind, sollte der von uns betriebene Aufwand bei gleichbleibender Leistung um zwei Neuntel geringer sein. Nehmen wir statt des Gipfels (2005) das Jahr der Beitragserhöhung (2012) zum Vergleich, wären es auch noch 1500 Leute minus (oder 18 Prozent). Tatsächlich sind aber die Personalkosten, mit über 800.000 Euro jährlich der dicksten Brocken im Etat, heute höher als 2012. Auch nicht ohne ist die neue Geschäftsstelle in Giesing, die sich der BJV 2013 leistete, also im Jahr nach dem Schluck aus der scheinbar nie versiegenden Pulle. Miete und Nebenkosten verschlingen pro Tag etwa 430 Euro oder gut 13000 Euro im Monat.
Das Schlimme ist, dass es sich bei der runden Million, die wir im Jahr in die Sankt-Martin-Straße stecken, um Fixkosten handelt. Anders als die Abführung an den DJV, die von der Mitgliederzahl abhängt, sinken sie nicht, wenn wir weniger werden. Betrachtet man die Personal- und Mietausgaben pro Mitglied als Kuchenstücke, werden sie ständig größer, also teurer: Im Jahr der letzten Beitragssteigerung zahlte jede/r von uns im Monat nicht einmal neun Euro dafür, inzwischen sind es fast zwölf. 34 Prozent mehr binnen sechs Jahren.
Mir ist schon klar, dass die Frage, welcher Freie Journalist oder welche Redakteurin heute 34 Prozent mehr verdient als vor sechs Jahren, mir als übler Sarkasmus ausgelegt würde. Und wahrscheinlich würde der Geschäftsführende Vorstand sich nun gerne dafür loben lassen, dass die geplante Beitragserhöhung umgerechnet nicht einmal 2,5 Prozent pro Jahr ausmacht. Aber das ist kein Argument dafür, die Größe des Apparats unangetastet zu lassen und den Aufwand auf immer weniger Beitragszahler umzulegen. Für Büromiete und Personal gehen mittlerweile rund 45 Prozent der Beitragseinnahmen drauf. Vor 20 Jahren waren es um die 27 Prozent eines wesentlich niedrigeren Beitrags. Wir haben es also hingenommen, dass ein großer Fixkostenberg stetig weiter anschwillt. Je größer aber der Anteil der Fixkosten an dem Geld ist, das nach Abzug des an den DJV abzuführenden Beitragsanteils in Bayern bleibt, desto weniger Gestaltungsspielraum hat der Vorstand. Dann wird nur noch verwaltet.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir müssen prüfen, wieviele Mitarbeiter auf wieviel Bürofläche in München wir wirklich brauchen, um unseren Mitglieder das bieten zu können, was sie von ihrem Verband erwarten dürfen. Dabei muss auch die Arbeitsorganisation auf den Prüfstand. Ist sie wirklich effizient? Ich verstehe ja, dass sich Gewerkschafter schwertun, Stellen abzubauen und zu rationalisieren. Aber die Arbeitsplätze unserer Angestellten werden nicht dadurch sicherer, dass sie von immer weniger Mitgliedern mit immer höheren Beiträgen finanziert werden.
Attraktivität
Das Downsizing der Organisation darf eine Mitgliedschaft im BJV nicht unattraktiver machen. Das muss es aber auch gar nicht, denn die schiere Mitarbeiterzahl besagt nichts über die Zufriedenheit der Mitglieder. Steigende Beiträge hingegen machen den Verband definitiv unattraktiv.
Was ich (nicht nur im Zusammenhang mit der Erhöhung) vermisse, sind Aussagen des Geschäftsführenden Vorstands darüber, wie sich das Angebot für die Mitglieder infolge der Erhöhung verbessern soll. Sprich: Wenn ich mehr bezahle, bekomme ich dann auch mehr? Wird der BJV besser? Und zwar nicht auf dem Rücken der Ehrenamtlichen, die in Fachgruppen und Bezirksverbänden rödeln, sondern dadurch, dass über deren Engagement hinaus investiert wird? Es ist nicht attraktiv, sich vorzustellen, dass von den 4,50 Euro extra pro Monat 3 Euro zu Negativzinsen angelegt werden.
Das Defizit ist auch deshalb so schmerzlich, weil der Geschäftsführende Vorstand die Forderung aus der Mitgliedschaft nach einem Team, das sich Gedanken über die künftigen Anforderungen an den BJV macht („AG Zukunft“), seit drei Jahren konsequent ignoriert. Zukunftsgerichtete Brainstormings im Kreis der Vorstandsmitglieder (Arbeitsgruppen auf Vorstandsklausuren) verschwinden im Protokoll-Ordner – nach dem Motto: „Gut, dass wir darüber geredet haben.“ Der Effekt ist, dass Teilnehmer hinterher frustriert sind, weil sich Mit- und Vorausdenken als vergebliche Liebesmüh erweist. Ideen gibt es, das Problem ist der mangelnde Wille oder die mangelnde Fähigkeit zur Umsetzung. Nicht einmal kleine organisatorische Basics, die den Funktionären die eigentliche Arbeit erleichtern sollten, kommen voran. So gehören zu den unerledigten Hausaufgaben ein Organigramm (wer ist eigentlich für was verantwortlich?) und die Schulung für neue Funktionäre (wie funktioniert der BJV und der DJV eigentlich genau?).
Beitragsfairness und Beitragsstruktur
„Es ist alles eine Frage der Perspektive“, sagt Helmut Schleich zu Recht am Ende seiner freitäglichen Radioglosse in der Bayern 2-Radiowelt. Ein Monatsbeitrag von 34 Euro ist wirklich kein Problem für einen 50-jährigen Tageszeitungsredakteur, der nach Tarif bezahlt wird. Aus der Perspektive freier Journalisten, die mit weitaus weniger Einkommen haushalten müssen, sieht die Sache anders aus. Bemäße sich der Beitrag nach Leistungsfähigkeit wie bei Verdi üblich, müsste der Redakteur wohl über 50 Euro bezahlen, seine freie Mitarbeiterin vielleicht nur 25.
Es ist im DJV unpopulär, sein Einkommen offenbaren zu müssen, um nicht über Gebühr belastet zu werden. Aber genau das ist Status quo im BJV. Laut Satzung kann der Landesvorsitzende einem Mitglied auf Antrag eine temporäre Beitragsminderung gewähren. Ob er diese Aufgabe in der Praxis an den Geschäftsführer delegiert oder nicht, tut nichts zur Sache: Wer sich den Regelbeitrag nicht leisten kann, muss die Hosen runterlassen, muss sich als Bittsteller klein machen. Und dann wird gefeilscht: Wieviel können Sie denn zahlen? Wer das nicht als Demütigung erkennt, dem ist nicht zu helfen. Kein Wunder, wenn diejenigen, die von dieser Regelung überhaupt wissen, dann manchmal lieber austreten.
Wieviel Prozent der Mitglieder diese Möglichkeit nutzen, sollte vielleicht mal jemand auf der Mitgliederversammlung fragen. In den vergangenen Jahren lag der tatsächlich gezahlte Beitrag im Durchschnitt zwischen 25 und 26 Euro – bei einem Regelbeitrag von 29,50 Euro. Einen wesentlichen Anteil daran haben aber die in der Beitragsordnung festgesetzten Ermäßigungen für Studenten, Berufsanfänger, Rentner und Ehepartner von Mitgliedern.
Nach Einkommen gestaffelte Beiträge für Freie, wie sie in anderen DJV-Landesverbänden durchaus üblich sind, gibt es im BJV nicht, und der Geschäftsführende Vorstand will sie auch nicht einführen. Er erwartet statt dessen, dass die Freien entweder brav die Streikkasse füllen – zum Wohle der überschaubaren Zahl von Tageszeitungsjournalisten, die noch in tarifgebundenen Häusern arbeiten – oder sich nackig machen. Das Argument, dass Freie an Tageszeitungen bei streikbedingten Honorarausfällen auf Antrag auch bedacht werden können, überzeugt nicht: Sie holen nur einen Bruchteil dessen heraus, was die Redakteure bekommen. Denn wer besch…en verdient, der kann sich naturgemäß auch nur besche…ene Ausfälle erstatten lassen. Die Streikkasse wird aber so gefüllt, dass von den Beiträgen eines jeden Mitglieds dieselbe Pauschale abgezwackt wird. Es handelt sich um eine versteckte Abgabe, um einen Soli zugunsten einer Klientel, der es (noch) besser geht als vielen, die mitbezahlen.
Ein nach Leistungsfähigkeit bemessener Beitrag nähme dieser immanenten Unfairness die Schärfe. Nicht zuletzt würde der Eindruck vermieden, dass im BJV Klientelpolitik betrieben wird, die ja das Gegenteil von Solidarität und Kollegialität ist. Wer sich anschaut, welche Prioritäten die BJV-Führungsspitze setzt, sollte sich immer dessen bewusst sein, dass von ihren fünf Mitgliedern vier in Tageszeitungsredaktionen angestellt sind.
Medienwandel und Digitalisierung
Die anachronistische Schieflage zugunsten der Tageszeitungskollegen, die den BJV-Vorstand lähmt, hatte ich schon thematisiert, als ich 2013 auf aussichtslosem Posten für den Geschäftsführenden Vorstand kandidierte. Damals waren im Zug des Generationswechsels alle fünf Kandidaten im Hinterzimmer ausgekaspert worden. Eine Alibi-Rundfunkfrau durfte mitmachen und ein Alibi-Freier, der aber bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zurück in die Angestelltenwelt flüchtete – zu einer Zeitung. Als Tagungsort hatte man sicherheitshalber Aschaffenburg gewählt, eine Stadt, die von der Freien-Hochburg Oberbayern aus nur mit dem teuren ICE oder einem gecharterten Bus halbwegs pünktlich erreichbar gewesen wäre.
Als ruchbar wurde, ich als Freiberufler ohne Zeitungs-Stallgeruch könnte mich vielleicht erdreisten, zu einer Kampfkandidatur anzutreten, verschickte der damalige Vorsitzende der Fachgruppe Tageszeitungen böse E-Rundmails, die mich als Aufständischen darstellten, der gerade „Stimmvieh“ zusammentreibe.
Die Wahrheit ist, dass Vorstandsarbeit in einem Berufsverband vor allem eines ist: Arbeit, die zur Brotarbeit hinzukommt. Und kein Spaß. Man macht es, weil es wichtig ist, und im Idealfall kommt nettes Feedback von KollegInnen, die das würdigen und einen wertschätzen. Die besten Kandidaten muss man oft regelrecht beknieen, dass sie zur Wahl antreten. Nur eine Berufsgruppe sticht mit ihrer Bereitschaft, sich im Verband zu betätigen, auffällig heraus. Richtig, die Tageszeitungsredakteure (M/W). Das liegt an ihrer beruflichen Sozialisation und an den (bescheidenen) Privilegien, die sie als Gewerkschafter in mitbestimmten Betrieben noch genießen. Manche von ihnen finden sogar: „Ehrenamt macht Spaß.“
Niemand neidet ihnen Privilegien, und niemand will ihnen den Spaß nehmen. Sie machen einen wichtigen Job, und eine Welt ohne Zeitungen mag ich mir nicht vorstellen. Viele dieser Kollegen wollen ja auch etwas für den Verband tun, weil sie wissen, dass der etwas für sie tut und dass das nicht selbstverständlich ist. Das einzige echte Problem, das ich mit ihnen habe, ist der unter ihnen verbreitete Paternalismus. Sie glauben oft, sie wüssten, was für Freie gut ist, für Onliner oder andere Journalisten. Gönnerhafte Bevormundung ist eine Versuchung, für die nicht wenige von ihnen anfällig sind. Sie meinen es ja gut, aber das ist Teil des Problems. Paternalisten machen ihre eigenen Kollegen klein.
Ich weiß, ich wiederhole mich, aber tatsächlich kann niemand heute einen Journalistenverband gut führen ohne ein heterogenes – oder wie man heute sagt: diverses – Team. Man braucht eine Kompetenzmischung mit Freien und Angestellten, mit Erfahrungen aus Print, Funk, Online, Foto, auch PR. Es ist ein Aberglaube, die Crossmedia- und Online-First-Parolen von Verlagsmanagern würden aus den alten Zeitungshaudegen in ihren Häusern automatisch Allroundtalente machen, die bei Diskussionen über den digitalen Medienwandel qualifiziert mitreden können. Eierlegende Wollmilchsauen in Ehren, aber in jede gute Mischung gehören auch Spezialisten und Avantgardisten. Wenn eine Person im Team von der Zeitung kommt, reicht das vollkommen.
Konkurrenzsituation
Damit ein Old-School-Journalistenverband wie ein DJV-Landesverband in Zukunft bestehen kann, muss er seine Konkurrenz kennen und ernst nehmen. Je nach Einstellung des potenziellen Mitglieds ist das nicht unbedingt die DJU in Verdi – das sind ja die Netten, die man kennt und die einfach ein bisschen sozialdemokratischer geprägt sind. Es kann ganz banal die Rechtsschutzversicherung sein, wenn jemand nicht mehr als das will. Den Presseausweis holt sich diese Person dann am Ende sogar noch von uns: Dass wir uns vor Jahren darauf eingelassen haben, den Presseausweis gegen Gebühr auch an Nichtmitglieder auszustellen, passt nicht mehr wirklich in die Zeit.
Als unsere Konkurrenten sehen sich natürlich auch jene – teils offen, teils heimlich – kommerziell agierenden Organisationen, deren Geschäftsmodell das Ausstellen von offiziös wirkenden Plastikkärtchen mit dem Aufdruck „Presseausweis“ ist. Was man von denen lernen kann, ist Marketing. Tatsächlich fallen sogar echte Journalisten auf diese Anbieter herein – oder sie begnügen sich damit, dass sie mit diesen Operettenausweisen gratis auf irgendwelche Messen kommen.
Unsere Stärke war immer das Networking: unsere Veranstaltungen, auf denen man interessante Leute trifft. Das konnten wir immer besser als jede (Pseudo-) Konkurrenz. Unsere Mitgliederversammlung heißt noch heute „Bayerischer Journalistentag“. Leider wird sie diesem Namen schon lange nicht mehr gerecht. Der Allgemeinvertretungsanspruch, der darin steckt, ist irgendwann verloren gegangen. Wenn dann noch ein altgedienter Funktionär fürs Tagungspräsidium nominiert wird, der sich freut, wenn das Treffen als Pflichtveranstaltung fürs Vereinsregister endlich erledigt ist (als bestehe der Sinn der Zusammenkunft darin, ein Protokoll der Vorstandswahl an den Notar schicken zu können), und sich von normalen Mitgliedern, die „dumme“ Fragen stellen, genervt fühlt – dann kann man sich eine AG Zukunft getrost schenken.
Der BJV muss, wie auch andere Landesverbände, dringend seine Mitgliederwerbung professionalisieren: Warum gibt es bei uns keine Boni, die ein Mitglied bekommt, das Mitglieder wirbt? Schließlich kommt mehr Geld nicht in erster Linie dadurch in die Kasse, dass man die Beiträge erhöht, sondern durch mehr Beitragszahler.
Die Ideen sind da. Sie liegen nur brach, weil die Verantwortlichen sich nicht darum kümmern.
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