Neues aus der Redaktion: Lieblos, witzlos, sinnlos

„Fast 1.000 angemeldete Journalisten, aber wenig Interaktion.“

„963 registrierte Journalisten, aber nur zwei ausgeschriebene Aufträge. Ein belebter Basar funktioniert anders. Gut vier Wochen nach dem Start kommt es noch selten zu Geschäften zwischen den Medienschaffenden auf dem neuen Presseportal, das die Deutsche Post Anfang März ins Leben gerufen hat.“

Zwischenbilanz auf journalist.de

Leider kann man nicht online mitverfolgen, ob – und wenn ja: wieviele – Fertigartikel verkauft wurden. Auf jeden Fall fühle ich mich in meiner Skepsis und Kritik bestätigt. Bis dato ist dieredaktion.de eine Contentschleuder, die vor allem vom Springer-Verlag lieblos gefüllt wurde. Von den über 9000 Beiträgen sind 96,5 Prozent unter der Kategorie „Meldung“ einsortiert, obwohl es sich oft um Berichte, Features oder gar Interviews handelt – und ein einziger, also 0,1 Promille, unter „Nachricht“…

Insgesamt 9304
Meldung 8978
Service 97
Bericht 70
Reportage 36
Interview 30
Magazin 19
Feature 19
Glosse 16
Essay 12
Porträt 10
Kommentar 10
Kritik 6
Nachricht 1

Und diese Nachricht stammt dann auch noch vom DJV-Referenten Michael Hirschler, der sie vor dem offiziellen Start geschrieben hat. Der Text könnte also ebenso die Überschrift „Dies ist ein Test“, „Hallo Welt“ oder „Hello Dolly“ tragen: Es ist ein echter Text als Blindtext.

 

Krasses Missverhältnis zwischen Form und Inhalt 😉

Das krasse Missverhältnis zwischen vermeintlichen Meldungen und anderen Stilformen lässt darauf schließen, dass der Schnittstellenprogrammierer des Hauses Springer nicht ganz verstanden hat, was hier jemand suchen könnte. Nach einer Meldung geht schon grundsätzlich niemand in einem Textportal auf die Pirsch. Erst recht nicht nach einer im doppelten Sinne alten. Ein halbes Jahr nach dem zwölften Jahrestag hat die Mopo nun wirklich nichts mehr zu melden.

Diese 2413 Wörter kurze Meldung kann man wieder ausbuddeln, wenn sich der Hauseinsturz zum 13. Mal jährt.

Es gibt bei Axel Cäsars Erben auch Meldungen, die ein Laie für Interviews halten würde:

1291,77 Euro für eine Meldung? Warum nicht? Das sind kaum mehr als 20 Cent pro Wort dieses Textes, den garantiert niemals jemand kaufen wird.

Für den Preis der folgenden Meldung kann man die beiden Energieexpertinnen getrost selbst interviewen:

Wer kennt die Halbwertszeit solcher Texte? Springer offenbar nicht.

Völlig gaga wird es hier, dafür kostet der Spaß nicht viel:

Nun weg von Springer, hin zur Post. Die hat ebenfalls mit heißester Nadel gestrickt – von wegen viel Arbeit damit gemacht. Denn um den Namen des Autors zu sehen, musste ich mich keineswegs einloggen. Doppelklick auf die Headline führt zur Leseprobe, dort steht der Anbieter mit vollem Namen, und wenn man auf den klickt, erscheint sein Profil. Da der Name hier nichts zur Sache tut, habe ich ihn natürlich verwischt.

(Uuups! Da steht er ja noch mal.)

10,00 Euro? Warum verschenkt er's dann nicht gleich?

Tja, zählen ist auch nicht so die Kunst, die die Postler beherrschen. Hat Kollegin Janine W. nun drei Texte hochgeladen (l.u.), fünf (r.u.) oder 18 (r.o.)? Siehe folgender Screenshot:

1+1+1 = ... Viele!

Auch für die KollegInnen ist es offenbar schwer, sich zu entscheiden, wieviel Text sie für welchen Preis anbieten sollen. Aber wenn ich einen 300-Euro-Text für 134,99 Euro nachgeschmissen bekomme, nehme ich ihn gerne in der ungekürzten Fassung mit 1418 statt 1417 Wörtern.

Darf's ein Wörtchen mehr sein?

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