Ein Kollege, der in meinem Adressbuch steht, ist Stefan Buchen, Mitarbeiter der Panorama-Redaktion beim NDR. Wir kennen uns nicht wirklich gut. Vor ein paar Jahren haben wir uns aber mal über Pseudo-Presseausweise unterhalten und über die Gestalten, die damit Geschäfte machen – eigentlich der einzige berufliche Anknüpfungspunkt. Ich schreibe über Wirtschaftsthemen, der Kollege berichtet fürs Fernsehen gerne mal aus Gegenden, in denen Terroristen und Islamisten hausen.
Jetzt kam heraus, dass Kollege Buchen ausgeschnüffelt wurde – und zwar offenbar vom Verfassungsschutz und dem BND. Die Deutschen haben die Daten wohl an die Centrale Intelligenzagentur der Vereinigten Staaten weitergegeben. Sollte Stefan Buchen mich damals in sein Adressbuch eingetragen oder meine Mails nicht gelöscht haben, steht also möglicherweise auch mein Name seither in einer amerikanischen Geheimdienst-Datei, die mit Begriffen wie „Terrorism“ oder „Islamism“ verschlagwortet ist. Oder kann man etwa davon ausgehen, dass die Geheimdienstler zwischen 2005 und 2010 noch nicht in der Lage waren, fremde Mailprogramme und Adressbücher auszulesen? Nun gut, lassen wir die Unschuldsvermutung mal auch für die Schlapphüte gelten. Wir wissen bisher nicht mehr, als dass man als Journalist in Deutschland zur Zielperson für deutsche Dienste werden kann, die amerikanischen Diensten unter Umgehung des Bundesdatenschutzgesetzes und der Grundrechte Amtshilfe leisten.
Das nur mal so zum Nachdenken für alle CSU-Wähler, die Hans-Peter Friedrich für einen verfassungstreuen Innenminister halten und meinen, wer sich immer anständig und gesetzestreu verhalte, den betreffe die transatlantische Schleppnetzfahndung nicht.
Schon Stefan Buchen hat nichts Unerlaubtes getan – wenn man davon absieht, dass er mal beruflich in Afghanistan war (trifft ebenso auf viele Bundeswehrsoldaten zu) oder mit dem einen oder anderen Islaminski gesprochen hat (audiatur et altera pars). Er ist jetzt mitten drin. Und nach geheimdienstlicher Logik ist bei jedem Menschen, der mit ihm Kontakt hatte, bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen, er könnte ein verkappter Islamoterrorist sein.
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