Lieber Mathias Döpfner,
Ihre Axel Springer AG ist für das Volk, was Ferrero für Kinder ist. Oder vielmehr umgekehrt, ich bin schon ganz durcheinander. Das Volk ist für Springer, was kinder für Ferrero sind – Marke und Zielgruppe in einem. Wer kinder liest, kleingeschrieben mit schwarzem k und rotem inder , weiß, dass er es mit dem nutella -Fabrikanten zu tun hat. Wer Volks- liest, mit weißem Volk auf rotem Grund, also BILD-Logo-mäßig koloriert, der weiß, dass Ihre Leute die Finger drin haben. Die Volks-Produkte seien Ervolks „Erfolgsgaranten“, heißt es auf der Springer-Website. Gemeint ist nicht der Erfolg der Leser, versteht sich, sondern jener der Werbekunden.
Nach Volks-Arznei, -Bibel, -Computer, -DSL, -Empfänger -Laufschuh und -Wagen -T-Shirt bringen SIe jetzt also die Volks-Zahnbürste unter dasselbe. Leider stiften Sie dabei gemeinsam mit Ihrem Werbepartner ordentlich Verwirrung.
Da kaufe ich also gestern beim Elektrohändler meines Vertrauens eine Packung Aufsteckbürsten Typ „Precision Clean“ für meinen Elektroantrieb der Marke „Braun Oral B Professional Care“ aus dem Hause Gillette. Weil der Laden keinen Achter- oder Doppelviererpack anbietet, entscheide ich mich — Zahlenfüchse aufgepasst! — für eine „volksgünstige“ 7+1-Packung zum Preis von etwa 1,6 Exemplaren der üblichen (volksungünstigen?) 4+1-Packs.
Und was steht drauf?
„Empfohlen von der Volks-Zahnbürste“
Verschärftes Nachdenken fördert folgende Erkenntnisse zu Tage:
1. Die Bürsten, die ich gekauft habe, sind gar keine Volks-Zahnbürsten, allein schon, weil es davon nur eine gibt und keine sieben weiteren. So wie es bekanntlich auch nur ein einziges Hochlandrind gibt, von dem sich alle Gastronomen eine Scheibe abschneiden können („Entrecote vom Hochlandrind“).
2. Das Ding auf der Ladestation im Badschrank, auf das man diese Bürstchen aufsteckt, ist defintiv auch keine Volks-Zahnbürste, ja genau genommen überhaupt keine Zahnbürste, sondern nur ein Elektromotor, der die aufgesteckten Zahnbürsten antreibt.
3.Wenn nur diese eine Volks-Zahnbürste existiert, so wie es ja auch nur ein‘ Rudi Völler gibt, muss sich das ganze Volk mit einundderselben Bürste die Beißerchen polieren. Igittigitt!
4. Diese eklige Volks-Zahnbürste ist zwar in aller Munde, aber ein zumindest rudimentär intelligentes Wesen. Sonst könnte sie nichts empfehlen.
5. Die Volks-Zahnbürste will sich selbst davor schützen, von Ihnen und mir und dem Rest des Volkes in den Mund genommen zu werden. Sonst würde sie uns nicht die hygienisch verpackten Braun-Bürstchen ans Herz legen.
Bitte klären Sie uns auf, lieber Herr Dr. Döpfner! Wer empfiehlt hier wem was, und zwar warum?
Schicken Sie mir ein Foto, und ich lasse meine Leser wissen, wie die sagenhafte Bürste aussieht: Wie eine zusammengerollte, ausgefranste BILD? Wie Ihr Mitarbeiter Kai Diekmann? Oder doch eher wie Sie?
Bis das Foto eintrifft, denke ich über die Frage nach, ob Ihre Mannschaft nur ein bisschen verwirrt oder doch, wie soll ich sagen, intellektuell überfordert ist von all dem neuen nicht-publizistischen Paid Volks-Content, den Ihre „roten“ Blätter promoten.
Sie sind der oder die 2921. Leser/in dieses Beitrags.
Jetzt bin ich aber auch verwirrt: Was hat Gilette damit zu tun? Hast Du das Modell gegen Haare auf den Zähnen gekauft?
siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/The_Gillette_Company
P.S.: Haare auf den Zähnen sind doch schützenswert, die rasiert man nicht weg! 😉