Auf einem Handzettel im typischen knalligen Impfgegner-Orange verteilen die Levana-Helfer 15 „Gründe, die gegen eine Masern-Impfpflicht sprechen“. Diese gilt nicht generell, sondern betrifft nur Schulen, Kindergärten und Betreuungseinrichtungen. Darüber, ob das in dieser Form sein muss, kann man diskutieren, denn Verweigerern droht ein Bußgeld von 2500 Euro. Tatsache ist aber, dass diese Pflicht nie auf die politische Tagesordnung gekommen wäre, wenn die Impfverweigerer nicht massive Propaganda gegen das Impfen machen würden. Es reicht, wenn 95 Prozent der Bevölkerung gegen Masern immun sind, doch Krons „Bewegung“, die aus der Ablehnung des Impfens eine Ideologie gemacht hat, tut alles, um die Quote nach unten zu agitieren. Kron ist offenbar ein Prophet, der hart dafür kämpft, dass sich seine Prophezeiung selbst erfüllt.
Hier die 15 Behauptungen im Faktencheck:
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- In Deutschland gibt es keine ansteigenden Masernfallzahlen.
Das stimmt, doch der Grund liegt darin, dass die allermeisten Eltern noch so vernünftig sind, ihre Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Bedenklich ist, das gerade in Waldorfschulen viele Eltern Impfungen ablehnen. Und wo treffen sich die Landsberger Mitstreiter von Kron inzwischen? Richtig, in der „Freien“ Waldorfschule. - Die Menschen sind nicht impfmüde.
Das stimmt insofern, als die Eltern, die ihre Kindern nicht impfen lassen, das nicht aus Nachlässigkeit tun, sondern vorsätzlich. Die wenigsten tun es, weil es einen medizinischen Grund dafür gibt, sondern weil jemand sie gezielt verunsichert hat und/oder weil sie sich darauf verlassen, dass die anderen schon genug impfen, um eine Herdenimmunität zu erhalten. Manche tun es aus aus Dummheit und schicken ihre Kinder bewusst auf Masernparties, damit sie sich anstecken. Das ist keine Müdigkeit, sondern vorsätzliche Körperverletzung an Schutzbefohlenen. - Es gibt keinen Masern-Einzelimpfstoff.
Das stimmt für Deutschland, ist im Kontext aber als Ausrede zu erkennen. In der Schweiz ist ein Einzelimpfstoff noch zu haben, und es wäre wünschenswert, es gäbe ihn auch hier, um den Impfgegnern diese Ausrede zu nehmen. - Impfen ist Körperverletzung
So, wie sie da steht, ist diese Aussage kompletter Blödsinn. Einschlägig wäre theoretisch § 223 StGB. Dieser lautet: „(1) Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.“ Aber kein Arzt rennt mit gezückter Injektionsnadel auf einen Patienten zu und rammt sie ihm ungebeten in den Körper. Sogar die Weigerung, ein Schulkind gegen Masern impfen zu lassen, führt nicht zu einer Zwangsimpfung, sondern nur zu einem Bußgeldverfahren. Womit ein Arzt jedoch durchaus gegen den 223er verstoßen kann, ist das Unterlassen eines Hinweises auf eine mögliche Impfung. Gesetzt den Fall, es gäbe schon eine Impfung gegen Covid-19 und Rolf Kron würde das einem Patienten nicht sagen, weil er nichts davon hält, und dieser Patient erkrankt später an dieser Corona-Seuche, könnte dies zum Beispiel einen Anfangsverdacht auf Gesundheitsschädigung nach §223 StGB begründen. - Impfen ist ein Riesengeschäft für die Pharmaindustrie
Bullshitfaktor: 99 Prozent! Impfen ist ein Nischenmarkt, auf dem die meisten Pharmakonzerne überhaupt nicht tätig sind. Das Impfen nicht das große Geschäft sein kann, könnte sich jeder ganz leicht auch selbst denken: Wie oft im Leben steht eine Impfung an? Wie oft rennen die Leute zum Arzt, um sich Cholesterin- oder Blutdrucksenker (Statine) verschreiben zu lassen? Wie viel Geld fließt in Hustensaft, Schmerzmittel und all das Zeugs, was in der Hausapotheke liegt? Ein Riesengeschäft für einige wenige Firmen sind Krebsmittel. Und das lukrativste Geschäft überhaupt ist es, Zuckerkügelchen, aus denen jegliches potentielle Wirkstoffmolekül herausgerüttelt und wegpotenziert worden ist, in Gläschen abzufüllen und den Zucker für 600 Euro je Kilogramm zu verkaufen. - Bei der Masernimpfung finden eine echte Ansteckung mit Lebendviren statt.
Dass abgeschwächte Lebendviren eingesetzt werden, ist korrekt, aber kein Grund gegen die Impfung, sondern ein bewährtes Funktionsprinzip der Immunisierung. Da sie abgeschwächt sind, lösen sie nicht die Krankheit aus. Seltsam, dass ausgerechnet Vertreter der Hahnemannschen Lehre („similia similibus curentur“) das nicht verstehen oder kritikwürdig finden. Bildlich gesprochen: Impfen bedeutet, jemandem Viren in homöopathischen Dosen zu verabreichen. - Masernimpfstoffe enthalten Zellen abgetriebener Föten
Das ist eine böswillige Tatsachenverdrehung und bewusste Irreführung, wie hier nachzulesen ist. Oder hier. Klassische Desimpformation. - Nebenwirkungen der Impfung sind Gehirn-, Lungen- und Mittelohrentzündung
Auch dies ist Desimpformation und Panikmache pur. Alle drei Krankheitsbilder treten als Komplikationen bei Masernerkrankungen auf. „Schwere Nebenwirkungen sind äußerst selten. Ein allergischer Schock tritt bei etwa zwei von einer Million Geimpften auf. Noch seltener wurde eine Gehirnentzündung nach Masern-Impfung beschrieben. Fallberichte deuten an, dass die Betroffenen eine Immunschwäche hatten.“ In Bayern wird übrigens pro Million Einwohner etwa einmal im Vierteljahr ein Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens gestellt und einer pro Jahr anerkannt. Das gilt für alle Impfungen zusammen, also nicht nur Masern. - Masernimpfung verursacht Todesfälle
Das nächste Beispiel für substanzlose Panikmache: Genauso gut könnte man schreiben: „Zu Fuß gehen verursacht Todesfälle.“ Denn wer mit geschlossenen Augen über eine belebte Kreuzung rennt, könnte überfahren werden. Es gibt keine Berichte über Todesfälle bei gesunden Menschen nach Impfungen. Allerdings gibt es Kinder, deren gesundheitlicher Allgemeinzustand eine Impfung nicht erlaubt. Der Arzt darf in solchen Fällen das Kind nicht impfen. Ein inkompetenter Arzt kann also durchaus das Leben eines Impflings in Gefahr bringen. Die Gefahr geht aber nicht vom Impfstoff aus, sondern vom Arzt, der bei der Anamnese oder Untersuchung schlampt. - Berufsverbote, Bußgelder und Beugehaft aufgrund des „Masernschutzgesetzes“
Auch das ist bösartig. Die Pflicht, eine Masernimpfung oder Immunität nachzuweisen, betrifft nur die Berufe, die einem hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind und zudem im Krankheitsfall zu Virenschleudern würden. Das betrifft etwa Lehrer, medizinisches Personal und Pflegekräfte. Sie haben ein Eigeninteresse daran, geschützt zu sein. Wer der Ansicht ist, ihm könne ein Masernvirus nichts anhaben, oder mit Stefan Lanka nicht einmal die Existenz dieses Virus wahrhaben will, ist nicht gezwungen, einen dieser Berufe auszuüben. Bußgelder können verhängt werden, aber das mit der Beugehaft ist Quatsch. Im Gesetz kommt das Wort Haft gar nicht vor. - Die Studien zur Impfsicherheit sind unzureichend und fehlerhaft.
Eine solche Pauschalaussage disqualifiziert sich selbst. Wer sie einfach so in den Raum stellt, entzieht sich sogar einem Faktencheck, weil er keine Diskussionsgrundlage anbietet. - Für Impfschäden haftet nicht die Pharmaindustrie, sondern der Staat.
Das stimmt, spricht aber gerade nicht gegen eine Impfpflicht, zumal diese nur für Personen gilt, bei denen keine Kontraindikation der Impfung entgegensteht. Da die Pharmaindustrie nicht für individuelle Prädispositionen verantwortlich zu machen ist und die Entscheidung, dass geimpft werden soll, vom Staat ausgeht, ist die Haftungsfrage vollkommen korrekt geregelt. Punkt 12 lässt sich somit unter „Abfeiern wohlfeiler Feindbilder und Vorurteile“ abhaken. - Die Dunkelziffer für Impfschäden liegt bei mindestens 95 Prozent.
Das ist völlig aus der Luft gegriffen und durch keinerlei logisches Argument begründbar. Es liegt in der Natur einer Dunkelziffer, dass niemand sie kennt. Diese hier genannte Dunkelziffer liegt dann aber auch noch in einer Größenordnung, die bedeuten würde, das fast alle Geimpften einen Schaden haben. Dies wiederum ließe aufgrund der Tatsache, dass außer den Kindern von Impfverweigerern fast jede und jeder gegen irgendetwas geimpft ist, den Schluss zu, dass es sich dann wirklich nur um Bagatellschäden handeln kann. - Masernimpfstoffe sind nur so „sicher“, wie andere vergleichbare Masernimpfstoffe „sicher“ sind
Liebe Leserin, lieber Leser, falls Sie verstanden haben sollten, was mit diesem Satz gemeint ist, erklären Sie es mir bitte. Ich versuche dann, die Fakten – so vorhanden – zu checken. - Die Masernimpfpflicht ist nur der Anfang.
Wo das Orakel beginnt, ist für den Factchecker nichts zu holen. Live wurde Rolf Kron in Landsberg am Samstag allerdings deutlicher. Dort raunte er ins Mikrofon: „Die Corona-Impfpflicht wird kommen. Da bin ich mir sicher.“ Ob das dann das Ende ist, entzieht sich der faktischen Überprüfung bis auf Weiteres.
- In Deutschland gibt es keine ansteigenden Masernfallzahlen.
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Zu 9) Es gibt schon Berichte über Todesfälle junger gesunder Menschen nach Impfungen, allerdings nicht nach der Masernimpfung, sondern nach einer HPV-Impfung.
(Ich habe damals über einen österreichischen Fall gelesen, dass eine verstorbene Frau die Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis hatte wie ich, darum habe ich es mir gemerkt).
https://www.kinderaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/krebsimpfung-ungeklaerte-todesfaelle-bei-jugendlichen-und-erwachsenen-verunsichern-patientinnen/
Im Zusammenhang mit HPV gab es meines Wissens mehrere Fälle. Es gibt ja bei Impfungen generell einen kleinen Prozentsatz an Menschen, die aufgrund ihrer Anamnese als Risikopatienten einzustufen sind. Bei Masern ist deshalb der Konsens, dass zu deren Schutz eine Herdenimmunität aufgebaut werden muss. Wenn zwei, drei Prozent aufgrund genetischer Prädisposition oder einer bestehenden bzw. durchlittenen Erkrankung nicht geimpft werden können, müssen eben 90 bis 95 Prozent geimpft sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einer Ansteckung mindestens so sehr gefährdet wären wie bei einer impfbedingten Exposition, ist halt sehr hoch.